Ich liebe die Dolomiten. Und ich trainiere für den Gore Tex Trans Alpine Run 2016. Das muss als Erklärung jetzt mal ausreichen, warum ich an einem Wochenende samstags den Brixen Dolomiten Marathon laufe, und am Sonntag dann noch den Seiser Alm Halbmarathon…
Und dann möchte ich direkt am Anfang dieses Beitrags noch etwas loswerden: Beides sind ganz wunderbare Events, die ich euch gern ans Herz legen möchte. Allerdings endete der Marathon für mich anders als erwartet und erhofft, und der Halbmarathon fiel mir am Tag nach den Höhenmetern in Brixen und Umgebung dann doch nicht so ganz leicht. Aber wenn es einfach wäre, würde es ja jeder machen 🙂
„Running to the limits“ lautet das Motto des Brixen Dolomiten Marathons und diese 42,195 Kilometer haben es mit ihren 2450 Höhenmetern in der Tat in sich. Dieser Marathon ist hart. Doch entschädigt die traumhafte Landschaft auf dem langen Weg vom Domplatz hinauf auf Brixens Hausberg, die Plose, für alle Anstrengungen. Über asphaltierte Straßen, viele Forstwege und vor allem in der zweiten Hälfte über einige wunderschöne Trails mit toller Aussicht geht es meist bergan, insgesamt sind aber auch etwa 450 Höhenmeter hinunter zu laufen.
Bereits zum siebten Mal wurde der Bergmarathon ausgetragen, 800 Einzel- und Staffelläufer bedeuteten dabei einen neuen Teilnehmerrekord. Allerdings erreichten nur 305 das Ziel auf der Plose, die übrigen mussten nach 33 Kilometern bei Kreuztal aufgrund des Wetterumschwungs das Rennen vorzeitig beenden. Das kann in den Bergen passieren. Nach etwa 5:30 Stunden entschied die Rennleitung, den Wettkampf abzubrechen, da neben dem kalten Regen inzwischen auch Donnergrollen zu hören war, außerdem machte dichter Nebel im hochalpinen letzten Teilstück des Marathons ab der Ochsenalm die Sicht kaum mehr möglich. Die Sicherheit der Athleten ging dem Veranstalter vor und das ist richtig so.
Doch der Reihe nach. Über viele Stunden erlebe ich hier einen zwar wirklich kräftezehrenden (ich muss bis zum TAR unbedingt besser die Berge hinaufkommen), aber doch auch ganz wunderbaren Lauf – nicht nur aufgrund der Landschaft, sondern auch wegen der sehr guten Organisation und den zahlreichen Verpflegungspunkten an der Strecke mit freundlichen Helfern. Das gesamte Event ist ungeheuer sympathisch, am Vortrag findet neben der Marathonparty auf dem Domplatz der Women´s Run über 4,2195 km durch die Brixner Altstadt statt. Hier gibt es weder Zeitnehmung noch Startnummern. Die Frauen laufen aus Freude an der Bewegung und außerdem für einen guten Zweck. Die Botschaft des Women’s Run Brixen ist „Frauen laufen für Frauen“: € 4,00 je Starterin kommen jedes Jahr einer Frau im Raum Brixen zugute, die unsere Unterstützung dringend benötigt. Am Nachmittag berichtet mir die nette Dame, bei der ich viele Tiroler Köstlichkeiten einkaufe, stolz, dass auch sie mitlaufen wird.
Am Marathontag säumen zum frühen Start um 7.30 Uhr zahlreiche Zuschauer die Gassen der Altstadt, die die Läuferinnen und Läufer zunächst durchlaufen, bevor es ab Kilometer 5 stetig bergan geht. Zunächst ist es schwül, die Anstiege werden zu einer extrem schweißtreibenden Angelegenheit, wir Läufer sind dankbar für die zahlreichen Verpflegungsstationen.
(Foto: Sportograf)
Im Laufe der Zeit ziehen jedoch immer mehr Wolken auf und oberhalb von 2000 Metern wird es deutlich kühler. Hier sind jedoch auch die schönsten Streckenabschnitte, schmale Trails und dort, wo die Wolken noch nicht zugezogen sind, erfreut die Aussicht auf umliegende Gipfel und Dolomitenlandschaften das Läuferherz. Nachdem ich vorher einige schwierige Phasen hatte und mich die Anstiege hochquälen musste, laufe ich mich auf diesen Passagen in einen wahren Flow. Es ist herrlich. Ich fühle mich wieder gut.
Leider kommt zur Kälte dann der Regen, es wird immer dunkler, Donner erklingt allzu nah. Mich „erwischt“ der Rennabbruch nach guten 37 Kilometern und 2000 Höhenmetern. Wir werden zurück geschickt nach Kreuztal bei Kilometer 33, von dort werden diejenigen, die das möchten, mit einem Shuttle zum Ziel gebracht. Durchgefroren kommen wir, anders als erwartet und erhofft, im Zielbereich an. Eine faire Geste des Veranstalters: Wir bekommen das Finishershirt und die wunderschöne, von einem Künstler eigens gestaltete Finishermedaille, werden mit der Zeitnahme bei Kilometer 33 gewertet. Damit gelten insgesamt 460 Läuferinnen und Läufer als Finisher des Brixen Dolomiten Marathons.
Ich bin im Ziel furchtbar enttäuscht, war ich doch, auch wenn der letzte Anstieg sehr, sehr heftig sein soll, so kurz vor dem Ziel. Aber damit steht doch dann gleich schon einmal fest, dass ich im nächsten Jahr wiederkommen werde, um diesen tollen Berg- und Landschaftsmarathon wieder zu laufen und dann ganz regulär nach 42,195 Kilometern zu finishen und den spektakulären Zieleinlauf hoch oben auf der Plose zu erleben. Plan!
Abends regnet und gewittert es und ich fürchte schon, dass mir das Wetter auch am nächsten Tag einen Strich durch die Rechnung macht. Doch als ich mich am Sonntagmorgen auf den Weg in Richtung Seis mache, ist es nur noch leicht bedeckt, mitunter kommt die Sonne auch schon raus. Voller Vorfreude fahre ich in eine immer feinere Landschaft. Im Startgeld ist die Fahrt mit der Seilbahn inbegriffen, also bleibt mein Auto in Seis stehen und in fahre gemütlich mit der Bahn immer höher und höher (am Vortag musste ich die Höhenmeter laufen, geht mir durch den Kopf).
Mit 700 Teilnehmern ist der Seiser Alm Halbmarathon ausverkauft, und auch hier wird mir schnell klar, warum das so ist. Wiederum treffe ich auf eine ganz phantastische Veranstaltung in traumhafter Landschaft. Viele Geschenke im Starterbeutel machen mich direkt zu Beginn froh 🙂
Vor dem Lauf herrscht eine entspannte Atmosphäre, ich treffe noch eine Bekannte, wir verquatschen fast den Start. Es geht los, die ersten Meter fallen mir leicht, ich schaue glückselig in die Berge, die langsam aus den Wolken hervorlugen. Die ersten zehn Kilometer gehen gut, ich habe zwar schwere Beine vom Vortag, aber alles im Rahmen.
(Foto: running.bz.it)
Doch es fällt mir immer schwerer, es ist in der Sonne recht heiß, der Halbmarathon hat immerhin auch 600 Höhenmeter und jeder Anstieg fällt mir schwerer. Nach und nach überholen mich schnelle Läuferinnen. Sehr bald entschließe ich mich, mich nicht darüber zu ärgern, sondern einfach nur herumzuschauen, mich zu freuen, dass ich hier bin. Das gelingt. Ich bin langsam, so what, aber ich laufe auf der Seiser Alm, meine Kulisse bilden gerade Schlern und Rosengarten. Das Leben könnte schlimmer sein….
(Foto: running.bz.it)
Und so erreiche ich irgendwann das Ziel, trinke und trinke und schaue weiter in die Landschaft. Nach Dusche und Essen liege ich faul auf der Wiese und schaue im Wechsel zur Siegerehrung oder – richtig, in die Berge.
Zwei wunderbare Landschaftsläufe liegen hinter mir, beide möchte ich wiederholen. Und überhaupt, in die Dolomiten sehne ich mich schon jetzt zurück, es ist so ein wunderbares Fleckchen Erde. Nächstes Jahr muss ich unbedingt einige meiner langen Trail-Wettkämpfe hier bestreiten.
Und ich möchte ja ohnehin bald wieder dort sein – wenn alles gut läuft, darf ich in gut zwei Monaten mit meiner liebsten Lauffreundin Sandra Mastropietro als Team „laufen.de/ASICS Frontrunner“ in Brixen den Zieleinlauf des Trans Alpine Runs erleben. Ich bin aufgeregt. Jetzt schon.