Mal ehrlich, was hätte ich mir Schöneres zum Geburtstag schenken können als einen Marathon in traumhafter Berg-Landschaft? Richtig, nichts. Also ging es am Wochenende zum Jungfrau-Marathon nach Interlaken. Ich hatte auch noch das große Glück, von laufen.de hingeschickt zu werden, um darüber zu berichten.
42 Kilometer am 42. Geburtstag. Passender geht es kaum. Und schöner und eindrucksvoller wäre es auch kaum gegangen.
Bei spätsommerlichem Wetter mit herrlichem Sonnenschein gingen wir Läuferinnen und Läufer bei der 23. Auflage des Jungfrau-Marathons, der von manch einem als „schönster Marathon der Welt“ bezeichnet wird, am Samstag auf die Strecke.
Den größten Marathon der Schweiz gewannen in diesem Jahr der Bulgare Shaban Mustafa vor Birhanu Mekonnen (Äthiopien) und Tommaso Vaccina (Italien), dem diesjährigen Berglauf-Weltmeister und bei den Damen die französische Vizeweltmeisterin Aline Camboulives vor der Äthiopierin Meseret Eshetu Deme und der Schweizerin Conny Bertchold. Niemand blieb unter drei Stunden, das sagt ja schon etwas über die Strecke…
Der Marathon hat es in sich, aber die traumhafte Kulisse macht alle Strapazen mehr als wett. Gut 1800 Höhenmeter im An- und 305 Höhenmeter im Abstieg müssen die Teilnehmer auf den 42,195 Kilometern von Interlaken auf die Kleine Scheidegg bewältigen. Aber jeder Meter lohnt sich, auch wenn große Teile der Strecke über Asphalt oder breite Wege führen.
Die erste Hälfte von Interlaken über Wilderswil und Zweilütschinen nach Lauterbrunnen ist dabei weitgehend flach bzw. knappe 300 Höhenmeter sind zu überwinden. Tolle Stimmung herrscht in den Orten, die wir durchlaufen, die Menschen feiern ihre Läufer. Immer wieder gibt es auch Musik auf der Strecke, bis hin zu einem Dudelsackspieler und Hornbläsern später hoch oben auf dem Berg.
Nach einer kleinen „Ehrenrunde“ hinter Lauterbrunnen wird es bei Kilometer 25 ernst. Es geht aufwärts, und zwar steil. Passend zum deutlich verlangsamten Tempo melden die Schilder nun nicht mehr jeden Kilometer, sondern alle zurückgelegten 250 Meter. Auch ein viertel Kilometer kann sich, je nach Steigung, ziemlich ziehen. Doch auch in der zweiten Rennhälfte gibt es immer wieder laufbare Abschnitte, außerdem wird das Panorama mit jedem zurückgelegten Meter gigantischer. Eiger, Mönch, Jungfrau vor strahlend blauem Himmel stets im Blick, schrauben sich die gut 4000 Läuferinnen und Läufer (das Rennen war nach drei Wochen ausverkauft) aus 60 Nationen nach oben.
So groß können die Schmerzen gar nicht werden, dass man das hier oben nicht einfach nur genießt. Finde ich zumindest, zumal wir recht langsam unterwegs sind – manch einer hat inzwischen einen recht leidenden Gesichtsausdruck. Natürlich schmerzen die Waden irgendwann, zumal bei Läufern, die zwar Marathon-, aber weniger Bergerfahrung haben. Mein Freund murmelt irgendwann hinter mir: „Lieber Gott, gib mir ein flaches Stück, ich frag nie wieder was.“ Seinen erst dritten Marathon finisht er trotzdem zusammen mit mir, er muss kämpfen, und ich bin wahnsinnig stolz auf ihn. Noch so ein wunderbares Geburtstagsgeschenk!
Als der Weg endlich gegen Ende zu einem schmalen Trail wird, der uns hoch zum Eigergletscher führt, staut sich das Läuferfeld leider. Zu schwer sind bei einigen die Beine bei Kilometer 40, als dass sie hier noch flink hinaufkämen. Stop and Go auf den letzten Kilometern eines Marathons, eine neue Erfahrung. Ich werde ungeduldig und versuche, über die Wiese zu überholen, so knapp vor dem Ziel möchte ich nicht ständig stehen bleiben. Doch auch hier ist die Kulisse zu wunderbar, um sich wirklich zu ärgern.
Nach der Moräne geht es kurz bergauf, dann kommt der letzte Aufstieg zum mit gut 2200 Metern höchsten Punkt des Rennens. Hier oben klatschen einige der vielen netten Helfer uns Läufer ab, und dann ist klar: Wir haben es geschafft, den letzte Kilometer können wir nur noch rollen lassen, es geht bergab, alle Anstrengungen sind vergessen bei einem solch wunderbaren letzten Kilometer. An einem kleinen künstlichen See geht es noch vorbei und dann kommt schon der Zieleinlauf.
Im Ziel auf der Kleinen Scheidegg werden wir mit einer Medaille, einem Finishershirt von ASICS –seit diesem Jahr Sponsor des Jungfrau-Marathons – und einer großen Tafel Schweizer Schokolade belohnt. Und mit einem Wahnsinns-Blick. Im Finishershirt sitzen wir noch lange oben in der Sonne und starren in die atemberaubende Bergwelt, und sind einfach nur happy.
Irgendwann trennen wir uns von dem Blick und fahren mit naturgemäß extrem vollen Zügen wieder hinunter ins Tal, zunächst nach Lauterbrunnen, von dort nach Interlaken. Die Bahnfahrten sind für die Läufer inklusive.
Überhaupt ist der Jungfrau-Marathon fantastisch organisiert. Wechselkleidung wird auf die Große Scheidegg transportiert, 1700 Helferinnen und Helfer betreuen die Athleten. Die Verpflegungsstellen konnte ich nicht mehr zählen,ich kam jedenfalls trotz der warmen Temperaturen gar nicht dazu, Durst zu verspüren. An den Verpflegungspunkten waren immer auch Masseure im Einsatz, die bei Bedarf den müden Beinen etwas Erleichterung verschafft haben. Am Abend nach der Siegerehrung feiern die Athleten bei der Finisherparty mit Live-Musik. Bei diesem Event stimmt alles – laufen muss man selbst, hoch und weit und wunderschön.
Einen wunderschönen Geburtstag durfte ich in den Schweizer Bergen erleben und erlaufen. Wunderbares Läuferinnenleben, wenn ein neues Lebensjahr so beginnt, kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen…
Dies ist die veränderte Fassung meines Berichts für www.laufen.de