Schon das online durchgeführte Briefing für meinen ersten Ultratrail in den USA ist super sympathisch. Renndirektor Alexander Papadopoulos erzählt, wie ihm seine damals 8-jährige Tochter Katie vor ein paar Jahren gesagt hat, dass in seinen Rennen zu wenig Frauen am Start seien. Er hat sie daraufhin gefragt, ob sie einen Ultratrail für Frauen mit ihm veranstalten möchte. Und so ist es also gekommen, und an diesem Rennen nur für Frauen – mit Männern, die uns an den Verpflegungsstationen unterstützen – nehme ich also Anfang März teil: dem No Man´s 50k.
In einer Eventgruppe aus Facebook finde ich eine Mitfahrgelegenheit, Tracey nimmt mich nicht nur mit, es ist außerdem schön, auf der Fahrt direkt mit einer Gleichgesinnten zusammen zu sein und in Erinnerungen an vergangene Rennen zu schwelgen.
Wir laufen im Prince William Forest Park in Virginia, frau kann über 25 Kilometer starten, die Ultraläuferinnen absolvieren die Runde einfach zweimal. Start ist im Dunkeln, es ist kalt genug für Handschuhe und eine dünne Jacke. Das kleine Starterinnenfeld läuft los auf die dunklen Trails, ich brauche einen Moment, um hineinzufinden. Schon eine Weile bin ich nicht mehr im Dunkeln auf Trails unterwegs gewesen, ich stolpere etwas vor mich hin. Aber es fühlt sich gut an, mal wieder mit einer Startnummer auf einem Trail zu laufen. Ich muss mich konzentrieren, direkt am Anfang geht es durch felsiges, leicht verblocktes Gelände – hm, irgendwie hatte mich die Annahme, in einem Park zu laufen, etwas in die Irre geleitet. Das hier sind echte Trails!
Sonnenaufgang auf dem Trail
Schon nach wenigen Kilometern geht die Sonne auf, es ist wunderschön. Kurz nach der Stirnlampe kann ich auch die Handschuhe wegpacken. Die Stimmung auf dem Trail und vor allem auch an den Verpflegungsstationen ist extrem entspannt und nett. Besonders schön ist ein Streckenabschnitt an einem kleinen Fluss, hier bin ich auf der ersten Runde, da es noch recht früh ist, ganz alleine unterwegs, es ist herrlich. Ich merke schnell, dass ich eine Weile unterwegs sein werde, es gibt zwar keine besonders steilen Anstiege, aber doch recht viele. Am Ende zeigt mir meine Uhr immerhin 1300 Höhenmeter an.
Nach der ersten Runde nehme ich mir im Zielbereich etwas Zeit, packe Stirnlampe, Handschuhe und meine Jacke weg, esse und trinke etwas und laufe recht entspannt wieder los. Mir geht es erstaunlich gut, ich war vor dem Rennen etwas besorgt, da ich nicht so gut und viel trainiert habe. Aber es passt. Das schöne am Trail ist ja auch die sehr vielseitige Belastung, durch den Wechsel zwischen Laufen und bergauf eher schnellem Wandern bekomme ich keinerlei Probleme. Dadurch ist es auch nicht so schlimm, dass ich diesen Lauf nur zwei Wochen vor dem Marathon in Los Angeles absolviere.
Zweite Runde beim No Man´s 50k
Zurück auf den schönen Trail, zweite Runde also, nun von Anfang an im Hellen. Es ist nun deutlich voller im Park, immer wieder treffe ich Wanderer und Spaziergänger, kein Wunder bei dem inzwischen wunderbaren frühlingshaften Wetter. Die Sonne scheint, es ist herrlich. Ich werde langsamer, aber das macht nichts, kontinuierlich nähere ich mich dem Ziel, das laut meiner Uhr eher bei Kilometer 53 liegt, aber darauf war ich ja nach der etwas zu langen ersten Runde schon vorbereitet.
Kurz vor dem Ziel spricht mich jemand an und fragt, was das hier für ein Rennen sei. Ich antworte, dass wir 50 Kilometer laufen. Er stutzt, schüttelt den Kopf und teilt mir mit, dass ich verrückt sei. Das habe ich schon mal irgendwo gehört…
Der letzte Anstieg zieht sich etwas und so komme ich nicht, wie zwischendurch gedacht, unter sieben Stunden an, sondern knapp darüber. Macht aber auch nichts. Im Ziel erwartet mich die gesamte Familie des Renndirektors und Katie, der ich dieses Rennen zu verdanken habe, gibt mir eine Blume.
Es gibt gutes und reichliches Essen, ich setze mich zu den anderen Läuferinnen in die Sonne, esse und trinke und freue mich, dass ich so einen tollen Tag auf Virginias Trails hatte. Inzwischen trage ich stolz mein Finishershirt. Zur Siegerehrung werden wir alle einzeln aufgerufen und bekommen noch einen hübschen Trinkbecher mit Eventaufdruck. Mein Coffee to go wird zukünftig stilvoll aus einer Finishertasse getrunken, in bester Erinnerung an ein ganz feines Trailevent.