Zwischen Nervosität und Glücksgefühlen: Der Marathon in Florenz war für mich etwas sehr besonderes.
Florenz, 8 Uhr morgens. Ich stehe inmitten von Läufern und bin nervös. Seit Anfang September habe ich keinen wirklich langen Lauf gemacht. Ich war verletzt, habe pausiert, mein längster Lauf seitdem waren 19 Kilometer.
Reicht das für einen langsamen Marathon? Und hält mein im September entzündetes Schienbein still, wenn ich jetzt 42,195 Kilometer auf Asphalt laufe? Als es um 8.30 Uhr losgeht, überwiegt dann das Glück darüber, hier am Start zu stehen. Am wunderschönen Dom vorbei geht es los, bei Traumwetter.
Ilka, mit der ich in Florenz bin, ist weiter vorn, will schneller laufen. Judith ist ohnehin viel weiter vorn. Ich laufe langsam los, versuche mich nicht zu sehr mitreißen zu lassen, will unbedingt durchhalten, diesen Lauf genießen, mir die Ruhe nehmen, umherzuschauen.
Schließlich bin ich in Florenz! Die Stadt, über die Heinrich Heine mal gesagt hat: „Ich bin den ganzen Tag in Florenz herumgeschlendert, mit offenen Augen und träumendem Herzen. Sie wissen, das ist meine größte Wonne in dieser Stadt, die mit Recht den Namen la bella verdient. Wenn Italien, wie die Dichter singen, mit einer schönen Frau vergleichbar, so ist Florenz der Blumenstrauß an ihrem Herzen.“
Ich schlendere nicht wie Heine, doch freue mich auch die ganze Zeit an der Schönheit dieser Stadt. Auf gut 42 Kilometern sieht man eine Menge davon. Jeder Abschnitt ist irgendwie besonders. Zu Beginn geht es etwas aus der Stadt heraus, durch einen Park, dann am Arno wieder Richtung Süden zurück. Dieser Teil war für mich wunderschön, ich habe ständig auf den Arno und das andere Ufer geschaut, wo manchmal über den Häusern und Palästen Zypressen zu sehen waren.
Aber auch die Zick-Zack-Kurse durch die Altstadt, bei denen ich mich wirklich konzentrieren musste, waren wunderschön. Die engen Gassen, immer wieder am Ende einer Gasse ein Kirchturm oder gar die Kuppel des Doms zu sehen. Sogar über den berühmten Ponte Vecchio führte die Strecke – ein echter Sightseeing Run.
Die Stimmung ist zudem fantastisch, obwohl mitunter gar nicht so viele Zuschauer am Rand stehen. Die sportbegeisterten Italiener feiern ihre Läufer frenetisch und – typisch Italienisch – laut. Immer wieder höre ich „Dai, dai!“ oder „Forza, forza!“, an einigen Stellen stehen Livebands.
Beide Fragen, die mich vor dem Lauf beunruhigt haben – reicht meine Grundkondition auch nach der Pause und ohne lange Läufe und bleibt das Schienbein ruhig? – kann ich am Ende mit „Ja“ beantworten. Ich bin wahnsinnig erleichtert. Irgendwann tut alles ein bisschen weh, aber das ist Marathon. Das kann ich einordnen, alles im Rahmen.
Kilometer 30 – alles passt, 35 – alles passt; bei km 36 schon einmal am wunderbaren Dom vorbei, die Vorfreude auf den Zieleinlauf steigert sich. Gegen Ende tut eine ordentliche Überdosis Endorphine ihr übriges, ich laufe glücklich durch die engen Straßen und Gassen der Altstadt, über den Arno und wieder zurück; km 41 – ich grinse nur noch vor mich hin, km 42, mir kommen die Tränen, ich laufe am Dom auf den blauen Teppich. Ich bin da. Und happy, so happy.
(Foto: Studio 5)
Ein wunderschöner, stimmungsvoller Lauf ist der Florenz Marathon. Und für mich war er etwas ganz besonderes.