Ich bin aufgeregt. Am Dienstagabend fliege ich nach Australien. Da war ich noch nie. Vor allem bin ich noch nie 522 Kilometer gelaufen. Genau das werde ich jetzt aber versuchen, im australischen Outback. Da darf ich aufgeregt sein. Finde ich.
Wir laufen von Alice Springs (bzw. von Ellery Creek unweit von Alice Springs) zum Ayers Rock, oder Uluru, wie die Aborigines ihr Heiligtum nennen. THE TRACK heißt das Rennen, organisiert von Canal Aventure, dem Veranstalter, mit dem ich schon das Ultra Africa Race in Mosambik und das Ultra Asia Race in Vietnam gelaufen bin. Es gibt also durchaus Vertrautes bei meinem neuen Abenteuer: Ich werde viele lieb gewonnene Bekannte wieder treffen, darauf freue ich mich. Der Little Desert Runners Club ist am Start, noch mehr Lauffreunde also. Wir werden im Outback füreinander da sein, uns unterstützen. Das ist ein beruhigendes Gefühl.
Ich habe schon einige selbst versorgte Etappenrennen gefinisht, freue mich auf das Gefühl, in der ersten Nacht in meinem Schlafsack da draußen zu liegen, einerseits aufgeregt, andererseits beruhigt und zufrieden, dass ich gesund genau an diesem Punkt angekommen bin. Nach all dem Training, den Vorbereitungen, der weiten Reise.
Manch Vertrautes also. Und dennoch: Ich bin aufgeregt. Sehr. Ein solches Rennen ist immer etwas Neues, mit vielen Unbekannten, vieles kann passieren, nicht alles in planbar. Die Natur da draußen ist im Zweifel stärker als ich, so viel steht fest.
Für die Fragen, ob ich genug trainiert habe (natürlich nicht, wie immer) und ob meine Ausrüstung genau richtig ist (ich hoffe das), ist es jetzt ohnehin zu spät. Meine Schulter und meinen Arm hatte ich mir vor einiger Zeit bei einem Sturz geprellt, ich habe nicht wirklich mit schwerem Rucksack trainieren können. Ob das gut geht? Auch die Frage nützt jetzt nichts mehr.
Jetzt brauche ich die Gelassenheit, die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen. Ich habe eine weite Reise vor mir (Flüge von München nach Dubai, von dort nach Sydney, drei Tage später von Sydney nach Alice Springs). Aber die wirklich weite Reise beginnt erst dann.
Wie weit sind eigentlich 522 Kilometer? Ich weiß es noch nicht so richtig. Normalerweise „zerlege“ ich mir lange Distanzen bei Ultraläufen im Kopf so, dass ich damit klarkomme. Ein 100-Kilometer-Lauf wird damit zu zehn 10-Kilometer-Läufen. 10-Kilometer-Läufe kann ich, alles easy also. Allerdings hören sich 52 10-Kilometer-Läufe auch für mich recht weit an. Rafael Fuchsgruber hat kürzlich so schön von gemeinsamem Camping-Urlaub mit täglichen Erkundungsläufen im Outback gesprochen. Das gefällt mir, das klingt doch schon besser.
Ich freue mich auf die Landschaft, auf die Weite, auf die völlige Stille da draußen. Jedes Mal, wenn es mir zuletzt bei meinen Läufen in München zu voll, zu laut zu hektisch war, habe ich mich noch mehr darauf gefreut, wie ruhig mein langer Lauf im Outback sein wird. Ich freue mich auf das Leben im Camp. Kein Internet, keine Social Media, nichts, was sonst so großen Einfluss in unserem Leben hat. Zehn Tage lang wird mein Leben aus nichts anderem bestehen als laufen, essen, mich am Lagerfeuer ein wenig mit Lauffreunden aus aller Welt unterhalten, schlafen (oder zumindest in meinen Schlafsack gekuschelt daliegen und versuchen zu schlafen). Das mag ich. Ich freue mich. Sehr.
Bei so viel Vorfreude hoffe ich einfach mal, dass ich es auch schaffe, 522 Kilometer mit einem großen Rucksack auf dem Rücken bis zum Uluru zu laufen. So weit bin ich noch nie gelaufen. Die letzte der neun Etappen ist 137 Kilometer lang. Auch das ist weiter, als ich je am Stück gelaufen bin. Es wird hart, sehr hart.
Drückt mir die Daumen, ok?
Ich bin während des Rennens offline, der Veranstalter wird aber Ergebnisse und Bilder auf seiner Facebook-Seite posten.
Ich wurde für dieses Rennen großzügig unterstützt/ausgestattet von meinen Partnern und möchte mich herzlich bedanken bei: